NAG-Mitglieder bekräftigen „JA!“ zur Privaten Krankenversicherung

 

Die Arbeitsplätze in dieser Branche sind doppelt bedroht. Wie auch in allen anderen Sparten der Versicherungswirtschaft versuchen die Unternehmen durch eine Senkung der Personalkosten einen Konkurrenzvorteil zu erlangen. Darüber hinaus besteht aber eine handfeste politische Bedrohung durch die Forderung nach einer Bürgerversicherung als verpflichtender Einheitsversicherung. Wird diese Bürgerversicherung jemals Gesetz, dann bedeutet das auf einen Schlag die Vernichtung von 50.000 Arbeitsplätzen in unserer Branche. Schon das muss für uns als Gewerkschaft der Versicherungsangestellten Grund genug sein, der Auseinandersetzung um die private Krankenversicherung unsere volle Aufmerksamkeit zu schenken.

Was hat sich in dem guten Jahr seit der Bildung unseres Ausschusses getan? Wurde früher die Forderung nach der Bürgerversicherung damit begründet, dass es ungerecht sei, dass die Reichen eine bessere medizinische Versorgung erhielten als die Armen, so ist das heute kaum noch zu hören. Es ist auch schwer, einem Beamten mit einem Brutto-Einkommen von 1.800 Euro im Monat zu erklären, dass er wegen seines Reichtums als privat Krankenversicherter privilegiert sei. Oder denken wir an die Vielen, die ihre Stelle verloren haben und sich nun zwangsläufig als sogenannte Selbständige  durchschlagen müssen. Außerdem hat sich mittlerweile herum gesprochen, dass die einheitliche Zwangsversicherung nichts daran ändern würde, dass es eine Behandlung erster und zweiter Klasse gibt. Der Unterschied kann dann immer noch entweder über eine Zusatzversicherung oder durch eine Zusatzbezahlung von den Menschen, die sich das leisten können, gewährleistet werden.

Stattdessen ist im letzten Jahr der Ruf immer lauter geworden, man müsse die Kunden der privaten Krankenversicherung vor ihrer Versicherung schützen, weil die sie im Alter in das absolute Elend stürzen würde. Tatsächlich hat es in der Vergangenheit Versäumnisse gegeben, die sich heute rächen. Viel zu spät wurde der zehnprozentige Beitragszuschlag eingeführt. Viele, die heute in Rente gehen, haben den noch nicht bezahlt und müssen deshalb als Rentner mehr zahlen. Auch ein Grund dafür: Früher konnte man zum Rentenbeginn oft von der PKV in die GKV wechseln, weil man versicherungspflichtig wurde. Das geht heute nicht mehr. Also hat die PKV jetzt mehr Alte als kalkuliert, also auch mehr Kosten. Die gesetzlichen Kassen erhalten inzwischen Jahr für Jahr 14 Milliarden Euro aus Steuergeldern, um ihre zusätzlichen Kosten auszugleichen. Für die privat Versicherten gibt es keinen Cent, im Gegenteil müssen die Versicherungen auch durch Steuern ihren Beitrag zur Sanierung der Kassen leisten.

Mit der Argumentation gegen die Privilegierten ist auch die Forderung nach Krankenkassenbeiträgen auf jedes Einkommen verschwunden, jedenfalls bei der SPD und den Grünen. An ihre Stelle sind sehr komplizierte Beitragsregeln getreten, die ich hier nicht im Einzelnen darlegen will, weil wir ja heute Mittag nach Hause fahren wollen. Auf Anfrage schicken wir aber Jedem auch gerne die Details.

Verschärft hat dagegen ver.di seine Positionierung gegen die Versicherungsangestellten. Beim letzten ver.di-Kongress wurde beschlossen, die Position des DGB zu übernehmen. Und der strebt „eine verpflichtende Überführung von bisherigen PKV-Versicherten in die GKV“ an. Eine Versicherung, der alle Kunden durch ein Zwangsgesetz genommen werden, hat dann eines sicher auch nicht mehr: Beschäftigte. Allein in Versicherungen behauptet ver.di noch, die Unternehmen könnten ja auch Bürgerversicherungen anbieten und so die Arbeitsplätze erhalten. Das ist eine offensichtliche Lüge. Ver.di selbst fordert als einheitliche Grundlage für alle das Sozialgesetzbuch Band V. Und das schreibt vor, dass nur Körperschaften öffentlichen Rechts Träger sein dürfen. Damit sind nicht nur die Aktiengesellschaften ausgeschlossen, sondern auch die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit.

Der PKV-Ausschuss hat sich in seinem ersten Jahr mit allen Argumenten für die Bürgerversicherung auseinandergesetzt, mit der Funktionsweise der GKV und mit den Erfahrungen in anderen europäischen Ländern. Das Ergebnis ist: Die Bürgerversicherung löst keines der Probleme im Gesundheitswesen. Ihr einziger Effekt ist, die Arbeitsplätze in der GKV auf Kosten der 50.000 Kolleginnen und Kollegen in der PKV zu sichern und von den Problemen im Gesundheitswesen selbst abzulenken.

Wahrscheinlich wird die Bundestagswahl 2013 entscheidend für das Schicksal der Beschäftigten in der PKV. Unser Ziel kann es dabei nicht sein, zur Wahl von bestimmten Parteien aufzurufen, um so eine Bürgerversicherung zu verhindern. Verlassen können wir uns auf keine Partei, nur auf uns selbst. Unser Ziel ist es, bei allen politischen Kräften Bedenken gegen die Einführung der Bürgerversicherung zu wecken oder zu verstärken. Wir müssen erreichen, dass die neue Bundesregierung, egal wie sie zusammengesetzt ist, nicht dafür verantwortlich sein möchte, dass 50.000 Arbeitsplätze vernichtet werden. Das ist unsere Aufgabe als Gewerkschaft der Versicherungsbranche. Zusammen mit den Beschäftigten, vor allem in der PKV, aber auch in der ganzen Branche, müssen wir es der Politik unmöglich machen, die Bürgerversicherung einzuführen.

Wenn man sich allein auf Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen stützt, hat man manchmal den Eindruck, dass alle Welt für die Bürgerversicherung ist. Wir aber wissen aus unserer Arbeit, dass das ein Trugschluss ist. Wir sehen unsere erste Aufgabe als Gewerkschaft selbstverständlich darin, die Beschäftigten in der privaten Krankenversicherung und in der gesamten Versicherungswirtschaft zu vertreten und zu mobilisieren, die Angestellten im Innendienst und im Außendienst und die Versicherungsvermittler. Wir sind eine Fachgewerkschaft für die Versicherungsbranche. Und als solche werden wir auf den Beamtenbund zugehen, dessen Mitgliedschaft durch die Bürgerversicherung ihren Beihilfeanspruch verlieren würde. Das wäre eine deutliche soziale Verschlechterung.

Ärzte, seien sie nun selbständig oder angestellt, Pflegepersonal, überhaupt alle Beschäftigten des Gesundheitswesens würden durch die Bürgerversicherung eine Verschlechterung iwhrer Arbeitsbedingungen erfahren und ihr Einkommen wäre gefährdet. Es fehlt dann eben der höhere finanzielle Beitrag, den die privat Versicherten zur Finanzierung des Gesundheitswesens leisten. Und es wäre noch weniger Geld in den Kassen des Bundes. Die GKV erhält heute neben den Beiträgen einen Steuerzuschuss von 14 Milliarden Euro jedes Jahr. Müssen für die noch privat Versicherten die gleichen Zuschüsse zur Verfügung gestellt werden, kostet das jedes Jahr weitere 1,6 Milliarden.

Und schließlich haben in dieser Frage auch die PKV-Unternehmen das gleiche Interesse wie wir. Werden uns die Arbeitsplätze gestohlen, dann nimmt man ihnen ihr Geschäftsmodell. Wir werden mit allen kooperieren, die versuchen, dieses unsinnige Projekt verhindern. Aber in jeder Kooperation werden wir auch unsere Eigenständigkeit betonen, denn uns geht es um die Arbeitsplätze unserer Kolleginnen und Kollegen, das und nichts anderes ist unsere Richtschnur.

Die Bewegung entsteht, wir erleben derzeit, wie sie immer stärker wird. Und wir können stolhz darauf sein – und wir sind es auch – dass wir es waren, die diese Bewegung aus der Taufe gehoben hat. Aber wir wollen da nicht in der ersten Reihe stehen. Da hin gehören die Beschäftigten der privaten Krankenversicherung und die von ihnen gewählten Interessenvertretungen, ihr Betriebsräte. Sie sind die besten Sprecher für ihre Kolleginnen und Kollegen und sie können mit unserer vollen Unterstützung rechnen.

Wir vom PKV-Ausschuss möchten euch bitten, dem Antrag, den wir zu dieser Mitgliederversammlung vorgelegt haben, zuzustimmen. Ihr zeigt damit den Betriebsräten in der PKV, dass nicht nur unser Ausschuss, sondern die gesamte NAG hinter ihrem Vorhaben steht. Und wir möchten euch bitten, auch aus den anderen Versicherungsunternehmen das Signal der Ablehnung der Bürgerversicherung an die Politik zu senden. Denn auch bei euch werden Arbeitsplätze bedroht. Gelingt es erst einmal, die private Krankenversicherung abzuschaffen, dann müssen wir auf einen Angriff auf die Lebensversicherung nicht lange warten. Und überall ist der Außendienst betroffen, der keine PKV mehr verkaufen kann. Und weniger Außendienst, das kennt ihr alle, führt zwangsläufig auch zu weniger Innendienst.

Sobald die Betriebsräte in der PKV einen Beschluss gefasst haben, werden wir euch im Detail informieren. Lasst uns dann alle zusammen aufstehen und zeigen, dass wir bereit sind, jeden Arbeitsplatz in der Versicherungsbranche zu verteidigen.

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